Am Sonntag um 14 Uhr gegen Berlin

Saisonfinale in der Tischtennis-Bundesliga der Frauen. In der letzten Partie vor den Play-offs empfängt die SV Böblingen in der BBG-Arena den deutschen Meister TTC Berlin Eastside. Weil es der letzte Spieltag ist, beginnen alle Matches traditionell am Sonntag um 14 Uhr.

Berlin hat eine durchwachsene Saison hinter sich und braucht jeden Punkt, um zu den Play-offs noch auf Rang zwei einzulaufen. Der Erste und der Zweite haben nämlich im Viertelfinale Freilos. Deswegen ist am Sonntag mit Bestbesetzung zu rechnen. Also mit Shan Xiaona, Nina Mittelham, Ding Yaping und Sabina Surjan. Gegen Berlin in Bestbesetzung hat die SVB nur Außenseiterchancen. Wenn bei Böblingen alle an Bord sind, Mitsuki Yoshida ihre Erkrankung also auskuriert hat, warten auf die Zuschauer sicher einige spielerische Leckerbissen. „Ich hoffe, Mitsuki ist bis Sonntag wieder fit. Immerhin macht sie schon wieder Jugendtraining“, ist Manager Frank Tartsch zuversichtlich. Für die SVB geht es am Sonntag noch um Platz vier oder fünf. Rang vier hätte den Vorteil, dass man in einem etwaigen dritten Play-off-Spiel, wahrscheinlich gegen den TSV Schwabhausen, Heimrecht hätte. Sönke Geil und Evelyn Simon werden für die SVB gegen Berlin coachen.
Darüberhinaus ist die Partie am Sonntag für die SV Böblingen ein ganz besonderes Spiel, nämlich ihr 400. in der Bundesliga.
48 Jahre gibt es nun schon die einteilige 1. Bundesliga bei den Tischtennis-Frauen. 24 Jahre davon war und ist die SV Böblingen dabei. Nur der Gegner am Sonntag, der TTC Berlin Eastside mit seinen Vorgängervereinen 3B Berlin und Berliner TSC kann auf eine noch längere Zugehörigkeit verweisen.
23 dieser 24 Jahre war Böblingens Ikone Qianhong Gotsch Teil des Teams. Die inzwischen 54-Jährige kommt dabei auf eine Siegquote im Einzel von über 80 Prozent und ist die erfolgreichste Bundesligaspielerin aller Zeiten. Ohne Gewähr, denn offizielle Bilanzen der Konkurrentinnen existieren nicht. Ding Yaping kommt „Hongi“ wohl am ehesten nahe. Nicole Struse, Xu Yanhua, Irene Ivancan, Mie Skov und aktuell Annett Kaufmann sind einige weitere große Namen aus der Böblinger Bundesligahistorie. Undenkbar wäre die lange Böblinger Bundesligazeit ohne Frank Tartsch. Der inzwischen 72-Jährige organisierte das Team über all die Jahre und sorgte für Sponsoren.
Angefangen hat alles am 31. August 1991. Die SVB gastierte mit He Qianhong (wie sie damals hieß), Bettina Westphal, Nicole Delle und Daniela Bätzner zu ihrem Bundesligadebüt beim Kieler Tischtennisklub Grün-Weiß und landete gleich einen 8:5-Sieg. Zwei Wochen später dann das erste Heimspiel. Frank Tartsch erinnert sich: „250 Zuschauer in der Turnhalle „im Höfle“, tolle Stimmung. Klaus Barth hatte extra für die Ehrengäste kleine Tischchen gezimmert. Die wurden dann fein säuberlich farbig betucht und mit Getränken bestückt. Leider verloren wir mit 4:8 gegen TuS Glane.“ Nach wenigen Siegen und mehr Niederlagen konnte der sofortige Abstieg nicht vermieden werden. Doch die SVB gab nicht auf, gleich in der Folgesaison ging es wieder zurück in die Erstklassigkeit. In der Saison 1998/1999 folgte der zweite Abstieg, hauptsächlich weil Qianhong Gotsch einen Abstecher nach Betzingen machte. Es dauerte sieben lange Jahre, bis 2006 mit ihr der Wiederaufstieg gelang.
Deutscher Meister wurde Böblingen bis heute noch nicht, das ließ das Budget nicht zu. Immerhin gelang 1997, 2011 und 2017 jeweils ein vierter Platz. In der ewigen Bundesligatabelle seit 1975 ist die SV Böblingen nach Pluspunkten auf Rang fünf platziert. Hinter Berlin, Langweid, Kaiserberg und Kroppach.
Trainer: Henning Meier war der Trainer der ersten Stunde in Böblingen und verantwortlich für die Bundesliga-Aufstiege 1991 und 1993. Gert Zender, inzwischen Staatssekretär in Sachsen-Anhalt, löste ihn ab und brachte Bianca Bauer aus Trier mit, die sechs Jahre für die SVB spielte. Martin Keller war der Trainer beim Aufstieg 2006. Volker Ziegler war temporär dabei und unterstützt Frank Tartsch in sportlichen Fragen. Genauso wie Sönke Geil. Auch Ingo Gotsch coachte immer mal wieder. Andrzej Kaim betreute, als Tochter Julia für die SVB aktiv war.
Transfers: Viele Frauen sind nach Böblingen gekommen und auch wieder gegangen. Spannendster Transfer in der Böblinger Bundesliga-Geschichte war zweifellos Wang Chen. Die US-Chinesin flog 2006/2007 zu jedem Spiel von der Upper West Side aus Manhattan ein. Lin Chia-Hsuan kam 2022 direkt aus Taiwan, wohnte aber zweimal für drei Monate in Böblingen.
Zuschauer: Den Böblinger Zuschauerrekord hält die Partie SVB gegen FSV Kroppach am 31.10.2010 im damals neuen Tischtenniszentrum am Silberweg mit 525 Besuchern. Die Sitzplätze reichten bei weitem nicht aus. Corona-bedingt waren von November 2020 bis Saisonende April 2021 null Zuschauer zugelassen, dafür wurde aber ein Live-Stream angeboten.
Kurioses: Am 19. Dezember 2021 trat die SVB gegen den TSV Langstadt an. Der Umbau des Tischtenniszentrums war noch nicht beendet, der Hallenboden etwas verschmutzt und auf die Schnelle nicht sauber zu kriegen. Langstadt wollte so nicht spielen, wegen der Rutschgefahr. Schließlich einigte man sich wie folgt: Die Doppel werden vorsichtig begonnen, nach dem ersten Satz geben die Böblingerinnen auf Veranlassung des Trainers auf um keine Verletzung zu riskieren. Wertung 6:0 für Langstadt. Mit 10 Minuten offizieller Spieldauer sicher die kürzeste Bundesligapartie aller Zeiten.